Schalenamöben

Kunstformen der Natur - Joseph Leidy


(Joseph Leidy circa 1870,
Wikipedia)

Joseph Leidy (1823 - 1891) war bereits der anerkannte Fachmann für die Saurier Nordamerikas, als er in den 1870er Jahren aufgefordert wurde, sich wesentlich kleineren Objekten zuzuwenden und einen Überblick über die Rhizopoden Nordamerikas zu erstellen (Rhizopoden = Wurzelfüßler, ältere Bezeichnung für die amöboiden Lebensformen). Das Resultat war das heute noch wichtige umfangreiche Standardwerk „The Freshwater Rhizopods of North America“ von 1879 mit 48 prachtvollen Farbtafeln der von ihm beobachteten und zum Teil erstbeschriebenen Amöben.

Wissenschaftlich akkurat und gleichzeitig künstlerisch beeindruckend. Viele Amöbenarten wurden von ihm entdeckt und eingeordnet. Sein Ziel war es „to give faithful and beautiful representations of the natural history subjects“.

Weiter schrieb er: „The shell ... exhibits a great variety in forms, construction and arrangement of structure ... [which] ... frequently is highly intricate and often remarkable for beauty of apparent design“.

Leidy war ein zeichnender Wissenschaftler. Sein Ziel war die objektive sachliche Illustration. Künstlerische, ausschmückende Details und Hintergründe, wie sie beispielsweise Audubon seinen Vogelbildern hinzufügte, lehnte er ausdrücklich ab.
Mit Sicherheit hätte er die vom Jugendstil geprägten Tafeln Haeckels ebenfalls nicht gut geheißen.

  
Leidy-Tafeln 21 und 29.

Leidy selbst war mit den Lithografien in seinem Buch nicht zufrieden. Er schrieb dazu: „The illustrations accompanying the work, done in chromo-lithography, are not equal in execution to my desire, though they represent the characteristic appearance of the subjects in all cases, I believe, sufficiently well to enable the student to recognize these when found. The original drawings, made by myself, I think may be fairly viewed as approximating accuracy.“

       Zum Vergleich:

Leidys Zeichnung einer Assulina muscorum, vermutlich Bleistift und Wasserfarben.
(Collection 3. Joseph Leidy Illustrations. Academy of Natural Sciences of Philadelphia.)
Die entsprechende Lithografie.

Eugène Penard vermerkte 1902 dazu, dass besonders die Pseudopodien in Leidys Tafeln recht unnatürlich geraten seien: „les pseudopodes sont représentés tels qu'on ne les voit presque jamais dans aucun Rhizopode“.

Für mich sind die Farblithografien des Buchs dennoch faszinierende Kunstwerke.