Schalenamöben

Euglyphida

… weitere filose Testaceen …

Familie Assulinidae

(Assula lt. = Splitter)

Alle Assulina bewohnen saure Lebensräume. Die Arten A. seminulum, A. muscorum und A. scandinavica sehen sich sehr ähnlich, äußerliches Unterscheidungsmerkmal ist die unterschiedliche Größe.


A. muscorum finden sich meist in trockeneren Torf- und anderen Moosen, die beiden anderen Arten in feuchten bis nassen Torfmoosen, pH-Wert um 4, sie sind bis auf A. scandinavica häufig.

Es handelt sich um genetisch unterschiedliche Arten ("the three species were clearly distinct from each other" - Enrique Lara et. al. 2010)

1. Assulina muscorum

47 µm hohes Exemplar
Assulina muscorum,
ca. 45 µm hoch, aus dem Dachmoos.
Der Mund der A. muscorum.
Ein in der Aufsicht eher rundes, 55 µm hohes Exemplar.
(Deko-Moos aus dem Blumenladen)
Enzystierte A. muscorum, 52 µm hoch, Ahlenmoor.
Die von Penard als Assulina minor bezeichnete spec. ist vermutlich identisch mit A. muscorum.

2. Assulina seminulum

Assulina seminulum, 82 µm hoch. Gehäuse abgeflacht, Mundöffnung schmal oval, umgeben von einem unregelmäßig gezahnten Zementrand..
72 µm hoch.
77 µm hohes Exemplar.
scheinbare Anordnung der Schuppen von Assulina seminulum.

Bemerkenswert ist, dass im Durchlicht die Assulina-Schuppen von aboral zur Mundöffnung hin die jeweils darunter liegenden Schuppen dachziegelartig zu überlappen scheinen. Das ist Euglyphida-untypisch und ein falscher Eindruck, eine optische Täuschung.

Tatsächlich belegen Aufnahmen mit Rasterelektronenmikroskopen die umgekehrte Reihenfolge: Schuppen überlappen wie Dachziegel von der Mundöffnung gesehen die nächstfolgenden Schuppen.


Eugène Penard folgerte 1902, dass die Schuppen auf der zur Mundöffnung gerichteten Seite, dort wo sie mit der Schale verbunden sind, stärkere Chitinablagerungen aufweisen. Dadurch bildet sich im Durchlicht dieser Teil der Schuppen stärker ab als das transparentere andere Schuppenende.

J. Cash/G. H. Wailes 1915: "The deposits of this cement are abnormally thick and usually hide the true shape of the oval scales, giving them the false appearance of a tile-like arrangement similar to that of a house-roof, the scales appearing to overlap from the fundus downwards, whilst in reality they are arranged the reverse way". [Die Ablagerungen dieses Zements sind ungewöhnlich dick und verbergen normalerweise die wahre Form der ovalen Schuppen, was ihnen das falsche Aussehen einer ziegelartigen Anordnung ähnlich der eines Hausdaches verleiht, wobei sich die Schuppen vom Fundus nach unten zu überlappen scheinen. In Wirklichkeit sind sie umgekehrt angeordnet.]



3. Assulina scandinavica


Assulina scandinavica, 135 µm hoch.
aus Terrarien-Torfmoos.

Schuppen der A. scandinavica, schief beleuchtet.

Die seltene Assulina scandinavica unterscheidet sich von Assulina seminulum durch die größere Schale (80 - 120 µm), die scharfe Verjüngung der Schale von der Mitte zur Mundöffnung. Ihre Schuppen sind farblos durchscheinend, dadurch im Gegensatz zu A. seminulum deutlich sichtbar und nicht durch Zementablagerung verschleiert. Am Schalenrand deutlich sichtbar die überlappenden Schuppen (Penard 1902, Cash/Wailes 1915, Ogden 1980.

Assulina scandinavica finden sich zusammen mit A. seminulum und werden bei Untersuchungen oft gemeinsam betrachtet. A. Seminulum, A. scandinavica und A. muscorum sind aber genetisch unterschiedliche Arten ("the three species were clearly distinct from each other" - Lara et. al. 2010)




Placocista spinosa




Placocista (Placocysta) gehören zu den Assulinidae.
(Griechisch plax = platt, kiste = Kasten)

Placocista spinosa ist stark abgeflacht, hat eine meist breite Mund- und eine gerundete Oberseite. Um den Rand eine Anzahl kräftiger beweglicher Stacheln, oft paarweise, die sie in den Torfmoosblättern verankern. Sie gehören mit 105 bis 145 µm Höhe zu den großen Eyglyphida.

Die Art ist wohl tyrphobiont, also hochmoorspezifisch. Dennoch ist sie auch dort nicht regelmäßig anzutreffen. Jung 1936: Placocista spinosa ist ... "kein wichtiges Glied der eigentlichen Hochmoorfauna, in der sie gelegentlich vorkommt".

Berichten zufolge beherbergt P. spinosa oft, wie viele Hochmoorarten, Algensymbionten. Meine Exemplare aus dem Ahlenmoor waren ohne solche Zoochlorellen.


Mein Placocysta-Artikel im Micscape eZine.

140 µm hohe (ohne Stacheln) Placocista spinosa aus dem Ahlenmoor.
Enzystierte Placocista schief beleuchtet.
137 µm, ebenfalls Ahlenmoor
Aktives, 137 µm hohes Exemplar - eine Schärfe-Ebene schief beleuchtet.
Das Plasma füllt die Schale nicht aus. Oben der Zellkern mit zentralem Kernkörperchen (Vesikularer Zellkern). Weiter unten rechts eine große kontraktile Vakuole. Pseudopodien kamen nicht zum Vorschein.


Leere Schale schief beleuchtet.

Placocista, dorsal.
Die Schuppenstruktur.
Encystiertes Exemplar mit einem Vorrat an Reserveplättchen und -stacheln für die nächste Generation.
Vermutlich eine Variation, 161 µm hoch, 125 µm breit.


Cyphoderiidae

(griechisch: cyph = krumm, der = Hals

Joseph Leidy kannte nur Cyphoderia ampulla und die Gattung Campascus (geformt wie Cyphoderia, aber mit zwei Auswüchsen am Fundus).

Meine Exemplare entsprechen Leidys Gattung Cyphoderia, bei denen Penard aber bereits mehrere Arten unterschied.

Inzwischen wurden die Cyphoderiidae in weitere Gattungen gesplittet. Meine unten gezeigten Exemplare gehören vermutlich in die Gattung Cyphoderia, Art ampulla <130 µm), oder die nahe verwandte Oleiformis, Art major >160 µm.

Bei den Oleiformis und den Cyphoderia besteht die Oberfläche aus runden, nicht überlappenden Schuppen, welche durch die Anordnung wabenförmig wirken. Im Gegensatz dazu sind die Schuppen der Gattung Ichthyosquama fischschuppenartig (dachziegelartig) überlappend angeordnet.



die Süßwassergattungen der Cyphoderiidae (Rubén González Miguéns).


Oleiformis cf major

aus dem Kreidesee Hemmoor, 182 µm lang.

Oleiformis cf. major, 170 µm, Hemmoor.
Die Schuppenstruktur.

Cyphoderia cf ampulla

107 µm, Hausteich.
110 µm, Strawiesen, Redltal, Österreich.
C. ampulla aus dem Hausteich, 105µm.*)
Cyphoderia ampulla mit Pseudopodien, 114 µm.

*) möglicherweise Gattung Ichthyosquama, mit fischartig überlappend angeordneten Schuppen
["Some of the records of C. ampulla doubtless refer to it (/Cash/Wailes."]


2.4 Familie Trinematidae


  
Schalenform einer ca. 40 µm langen Trinema cf. enchelys, Ahlenmoor.
72 µm große Trinema cf. enchelys.
Man erkennt Reserveplättchen und rechts den unterständigen eingestülpten Mund.
42 µm große Trinema sp. vor der Mundöffnung einer Arcella dentata.
74 µm hohe Trinema sp. bei schiefer Beleuchtung, mit gezähntem Pseudostomrand.
Trinema enchelys, enzystiert,
80 µm, Dekomoos.
Trinema enchelys, 72 µm. Die Schuppen sind im Durchlicht nur schwach sichtbar. 100x Öl, gestackt.


57 µm große Trinema cf. enchelys. REM-Aufnahme bernd552.
Trinema galeata, 54 µm hoch, 34 µm breit. Moospolster.

Verschiedene filose Testaceen

[unsortiert]
Tracheleuglypha sp.
47 µm hoch.
Spenoderia spec.
Sphenoderia cf. lenta, 51 µm mit Hals, Recherfilz, Tirol.
sphenoderia fissirostris, 45µm.
Sphenoderia sp., 50 µm,
Balksee Moor.

Lecythium hyalinum, ca. 30 µm.
(Schiefe Beleuchtung nach Kreutz)
Das blasenartige Gebilde vor der röhrenförmigen Mundöffnung ist offenbar ein Schutzmechanismus. Sehr großer Kern im oberen rechten Viertel. Bei der Teilung spaltet sich die Schale längs, beide Schalenhälften werden vervollständigt.


Euglypha sp. mit Pseudopodien.

Teilung Euglypha sp.


und Pareuglypha reticulata



Diaphoropodon

Diaphoropodon cf. mobile, die größere ca 150 µm.
Foto geschärft, um die Pseudopodien und die Stäbchen einigermaßen sichtbar zu machen.
Häufig, aber leicht zu übersehen.

Mit einem Durchlichtmikroskop ohne Kontrasttechniken sind die durchsichtigen Stachel und Pseudopodien nicht gut abzubilden. Unten links mein Versuch, die Pseudopodien im Negativbild zu zeigen, rechts die Stacheln.



68 µm, Weidmoos.
 


Vermutlich enzystierte Diaphoropodon mobile, Ibmer Moor.
Eugène Penards Zeichnung von 1902.

Ebenfalls in diese Verwandtschaft gehören vermutlich die Pseudodifflugien:
Vermutlich Pseudodifflugia virescens, 44 µm hoch, aus dem Balksee-Moor.

Frenzelina reniformis. Meine Messung 35 µm Durchmesser.
Schiefe Beleuchtung, Stack aus 2 Ebenen. Strawiesen, Redlbach, Tirol.
Frenzelina aus dem Ibmer Moor, 30 µm..
Teilung einer vermutlichen Frenzelina aus dem Ibmer Moor, jede Zelle ca. 30 µm.
29 µm großes Exemplar mit grünen Nahrungsvakuolen.
Zeichnung von E. Penard.

Granofilosea (feine Filopodien mit auffälligen Körnchen).

Microgromiidae

Vermutlich Apogromia sp.,
19 µm.

Microgromia cf. longisaepimen, 18 µm, Hausteich.
Deutlich zu sehen die Trennwand (Septum) im Schalenhals, welche den direkten Zugang zum Schaleninneren versperrt.
Oben in der Schale vermutlich der große Zellkern, der helle Fleck rechts unten vor der Trennwand ist vermutlich die kontraktile Vakuole. Die Bedeutung des schwänzchenartigen Schalenfortsatzes links im Bild kenne ich noch nicht.

Clathrulinidae

Clathrulina elegans, der Kugelkäfig sitzt auf einem Stiel. 42 µm. Ahlenmoor, Torfmoosfeld. Schief beleuchtet.

.
Zwei Zysten, der Teilungsvorgang.
C. elegans mit Stiel.

Interessant: Auch unter den marinen Foraminiferen gibt es ähnliche Kugelkäfige