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Funde aus der Zeit ab 1741
Die übrigen vorhandenen Materialien stammen wohl ausschließlich von den Schlachtplätzen der Jahre 1741-1768. Adolf Erik Nordenskjöld berichtete 1879, dass die Knochen in der Regel auf einer flachen Terrasse dicht oberhalb des Strandes gefunden wurden. Sie waren unter einer 30-50 cm dicken Sand- und Torfschicht begraben, und man suchte nach ihnen, indem man mit Eisenstangen im Untergrund herumstocherte.

Foto einer aktuellen Ausgrabung
(Veröffentlichung dieses Fotos gestattet bei Nennung der Quellseite)
Leider lassen sich aus den Berichten nicht ersehen, an welchen Stellen der Insel die hauptsächlichen Schlachtplätze lagen und dementsprechend Knochen auszugraben waren. Es handelte sich wohl um die etwa 15 Stellen um die Insel herum, die Stejneger als mögliche Aufenthaltsorte der Tiere ausgemacht hatte.
Die Geschichte dieser Ausgrabungen und der Weg der Knochenfunde in die Museen ist jedenfalls ein spannendes Thema:
Aus den barocken Raritätenkabinetten des Adels waren im 19. Jahrhundert die heutigen Naturkundemuseen geworden, bedeutende Bildungsorte für das Bürgertum. Erstmals wurden Tiere, Pflanzen und Mineralien nach wissenschaftlichen Grundsätzen gesammelt und beschrieben. Gleichzeitig entstand zwischen den bedeutenden Instituten ein Wettstreit um den Besitz besonders spektakulärer Stücke. Viele Museen waren erpicht auf ein Skelett der Seekuh, und einige waren bereit, dafür große Summen zu zahlen.
Am 25. April 1899 schrieb Nikolai Sergeyevich Vaksmut in der Wochenzeitung für die Amur Region Priamurskie Wedomostim einen Artikel mit einer ausführlichen Auflistung der zwischen 1875 und 1899 gefundenen Skelette. Er schrieb wohl aus dem Gedächtnis und es gibt einige Ungereimtheiten*)diese sind unten mit einem Vermerk versehen, dennoch ergibt die folgende Zusammenfassung ein recht gutes Bild der Situation.
Vaksmut war von 1890 bis 1893 Assistent von Nikolai Alexandrovich Grebnitzki, dem Verwalter der Kommandeursinseln. Soweit bekannt, wurde der Aufsatz bisher nicht außerhalb Russlands veröffentlicht, hier ein sinngemäß übersetzter Auszug:
"Über hundert Jahre nach der Entdeckung waren ein Schädel-
fragment*)ausgegraben 1844 von Ilja Gawrilowitch Wosnessenski und eine Kauplatte*)1742 von Steller von der Beringinsel mitgebracht - 1832 von Brandt wiedergefunden im St. Petersburger Kunstkabinett die einzigen Belege für die Existenz des Tieres.
1875 stießen alëutische Bewohner der Beringinsel zufällig auf eine größere Anzahl von Skeletten und Schädeln.
Davon schickte Gouverneur Grebnitzky 1877 ein Skelett mit fehlenden Wirbelknochen und neun Schädel an die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg.
1878 lieferte Grebnitzky zusammengesetzte Skelette (aus Überresten verschiedener Tiere) an die Wiener Akademie der Wissenschaften*)Nach Museumsangaben kam erst 1897 ein Skelett nach Wien, das Britische Museum London*)Nach Museumsangaben erhielt London 1885 sein Skelett und die Pariser Akademie der Wissenschaften.
Im folgenden Jahr 1879 wurden zwei Schädel und eine fast vollständige Wirbelsäule an die Kaiserlich-Russische Geografische Gesellschaft Irkutsk geliefert.
Im gleichen Jahr verbrachte der Schwede Nordenskjöld im Verlauf der Vega-Expedition einige Wochen*)5 Tage auf der Insel und sammelte Knochen, die später zu dem Skelett zusammengesetzt wurden, das in Stockholm ausgestellt wurde.
1880 wurden eine Anzahl von Knochen an die Moskauer Gesellschaft der Liebhaber der Naturwissenschaften geliefert.
1882/83 sammelte der Amerikanische Zoologe Stejneger viele Knochen. Unter anderem ein komplettes Skelett, das der Stolz des Washington National Museum ist*)Es befindet sich nur ein zusammengesetztes, unvollständiges Skelett in Washington.
Das erste vollständige (von einem einzigen Tier stammende) Skelett wurde 1892 von dem Alëuten Trifon Sinitsin gefunden, der es für eine guten Preis an Dr. Barton Everman verkauft*)Das weiter oben erwähnte verschollene Skelett.
1897 wurden zwei zusammengesetzte Skelette verkauft: eines an den englischen Naturalisten Barrett-Hamilton für Cambridge, das zweite an den Russischen Konsul in San Francisco, soweit ich [Vaksmut] weiß, für das Museum in Lyon, Frankreich. Im gleichen Jahr erhielt ich den Auftrag des Generalgouverneurs der Amur-Region, Dukhowski, ein zusammengesetztes Skelett an das Museum Chabarowsk zu liefern.
Schließlich fand 1898 der Alëut Aleksandr Berezin, nur 8 Werst [ungefähr 8 Km] von der Siedlung Nikolskoje auf Bering entfernt, in Ufernähe ein weiteres komplettes Skelett. Dieses zweite komplette Skelett wurde mir [Vaksmut war inzwischen in Chabarowsk Assistent des Generalgouverneurs der Amur-Region] im gleichen Jahr übersendet, zur Verfügung des damaligen Generalgouverneurs Grodekov.
Jetzt [1899] werden immer weniger Knochen der Seekuh gefunden."
Dieses sind die Informationen, welche ich durch persönliche Gespräche, aus den Inselarchiven und verschiedener Schriften über dieses Thema ermitteln konnte.
Khabarovsk 1899,
N.S. Vaksmut



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