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Geschichte der überlieferten Skelette (Forts.)
Der schwedische Arktisforscher Adolf Erik Nordenskjöld verbrachte 1879 am Schluss der Vega-Expedition*)erste Befahrung der Nordost-Passage 5 Tage auf der Beringinsel. Er wollte dort unter anderem Skelettteile der Seekuh sammeln und bot den eingeborenen Kreolen*)hier: Russisch-Alëutische Mischlinge großzügige Prämien für jeden abgelieferten Fund. Nordenskiöld brachte so 21 große Kisten und Fässer voller Skelettmaterial zurück nach Schweden. Dieses finden sich heute in den Museen von Göteborg, Lund, Stockholm und Uppsala.
Das folgende ist übersetzt aus dem St. Petersburger Journal Priroda [Natur] No. 8, 2002:
"Anfang Juni 1882 sank der Dampfer Moskva im Roten Meer. An Bord befanden sich drei komplette Skelette, die Grebnitzky an die Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg abgeschickt hatte."
[Der Dampfer Moskva der 'Freiwilligen Flotte' sank am 6. Juni 1882 nahe Cape Guardafui im Golf von Aden auf der Fahrt von Hankow nach St. Petersburg.]
Der polnische Arzt und Naturwissenschaftler Benedykt Dybowski forschte 1879-1883, u. a. zusammen mit L. Stejneger, auf der Beringinsel und grub zahlreiche Skelette und Schädel aus, weitere Exemplare erhielt er als Geschenk der Einwohner der Insel. Diese Stücke sind heute in den Museen von Kharkiv, Kiev, Krakau, Lviv, Odessa und Wien zu sehen. Ein Schädel in Warschau wurde im Krieg zerstört.
Wie bereits festgestellt, stammen die vorhandenen Skelettteile nahezu ausschließlich von den Schlachtplätzen der Jahre 1742-1768, und sind in der Regel unvollständig und aus den Teilen mehrerer Individuen zusammen­gesetzt. Daher sind erwartungsgemäß insbesondere die kleineren Skelettknochen nur sehr lückenhaft überliefert:
Nur bei einigen Schädeln sind die Gehörkapseln (Perioticum) erhalten, nach meiner Kenntnis nur in Berkeley, Braunschweig und St. Petersburg
Steller hatte 1742 ein Paar der hornigen Kauplatten nach St. Petersburg geschickt. 1832 fand J. F. Brandt "unter dem Gerümpel der Petersburger Sammlung"*)J. A. Wagner 1846 eine einzelne (obere) Kauplatte, bei der es sich wohl um einen Teil dieser Sendung handelt. Sie ist das einzige überlieferte Exemplar. Die im Boden verbliebene Hornsubstanz hat sich ebenso zersetzt wie Knorpelbestandteile der Skelette.
das Dresdner Skelett von vorn
Von Brustbeinen sind nur etwa sechs Stück überliefert. (Dresden, Helsinki, Irkutsk, Kharkiv, Kiev(2), Ottawa, St. Petersburg, Stockholm and Washington). Bei dem Helsinki-Exemplar wurden die knorpeligen Verbindungen zwischen den ersten 5 Rippen und dem Brustbein, und Teile des Sternum selbst, nachgebildet, wie von Steller beschrieben.
Elle und Speiche grenzten an Handwurzel- und Mittelhandknochen (carpal und metacarpal). Steller erwähnte diese, wahr­schein­lich stark rückgebildeten, Knochen, es ist aber kein Stück überliefert.

alte Aufnahme des Stockholmer Exemplars mit falsch interpretiertem metacarpal.
Ein Bestandteil des Exemplars im Stockholmer Museum wurde lange für ein metacarpal gehalten und auch entsprechend am Skelett montiert, dieser Knochen wurde aber von Domning als Querfortsatz eines Schwanzwirbels identifiziert. In Helsinki und in Paris wurden den Skeletten bei der Präparation irrtümlich den Manati nachempfundene Handknochen aus Gips angefügt (in Helsinki wurden diese inzwischen entfernt).

Vom rudimentären Becken*)siehe Anatomie-Kapitel weiter oben sind fünf Halbknochen in Museen erhalten:
Stadt Museum  
Berkeley Museum of Paleontology, University of California rechte Hälfte, 59 cm
Braunschweig Naturkundemuseum rechte Hälfte, 41 cm
Chabarowsk Regional Lore Museum rechte Hälfte, 53 cm
Lyon Muséum National d'Histoire Naturelle rechte Hälfte mit abgebrochenem oberen Ende (Ilium).
Wien Naturhistorisches Museum linke Hälfte, 45 cm,
Ischium möglicherweise*)Domning 1978, S. 98 abgebrochen.
Drei Institute gaben an, ein Hautstück der Seekuh zu besitzen:
  • St. Petersburg: Es gibt im Naturkundemuseum ein Hautstück, 55 x 40 x 5 cm, welches Alexander Brandt 1871 im Lager der Petersburger Akademie fand und der Seekuh zuschrieb. Domning hält für wahrscheinlich, daß es sich in Wahrheit um Walhaut handelt*)"The extant skin fragments attributed to Hydrodamalis need reexamination. Liitken (1873) suggested that the fragment studied by A. Brandt is actually from a balaenid whale, and this seems likely to be true of all the samples"..
  • Hamburg: 25 x 25 cm, 1500 g, beschrieben 1950 von Dr. E. Mohr und 1956 von K. v. Haffner. Es wurde inzwischen durch DNA-Analyse als Buckelwalhaut identifiziert.
  • Bremen: Das Überseemuseum Bremen besitzt zwei Hautstücke, die wie folgt beschrieben werden:
    1. ausgestellt: 85x52 cm, Gewicht 2800 g., stark zerklüftet, borkig, mit Parasiten (Cyamus und Tubicinella) besetzt.
    2. im Magazin: in 3 Teile zerschnitten, ursprünglich ca 84. x ca. 46 cm, 3,4 cm dick, 5500 g. früher vermutlich „gründlich“ gereinigt, möglicherweise aus Hals- oder Achselregion.
    Die Herkunft der Stücke ist ungeklärt, sie wurden (1966?) ungekennzeichnet im Magazin entdeckt. Ein DNA-Sequenzanalyse wurde bisher nicht durchgeführt.


Für eine detaillierte Aufstellung der in Museen vorhandenen Skelett-Exemplare verweise ich auf meine Datensammlung: Stellers Seekuh in Museen.
Dort gibt es "verfügbare Fotos" einer großen Zahl von Museumsexemplaren.



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