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Georg Wilhelm Steller
Steller wurde am 10. März 1709 in Windsheim, Franken, als Sohn des Kantors Johann Jakob Stöller geboren. Er studierte zunächst Theologie, später Medizin und Naturwissenschaften. Er sah in Deutschland keine entsprechenden Berufsaussichten und verpflichtete sich 25jährig als Arzt beim russischen Heer. Der Name Stöller läßt sich in kyrillischer Schrift nicht darstellen, er nannte sich daher fortan Steller. 1737 wurde er Adjunkt (wissen­schaftlicher Assistent) der Naturwissenschaften der Petersburger Akademie der Wissenschaften. Er schloss sich von dort der Großen Nordischen Expedition an, wo er zunächst Gmelin unterstand. Im Februar 1741 forderte Vitus Bering ihn auf, (offiziell nur) als Mineraloge an der Seereise nach Amerika teilzunehmen.
In verschiedenen biografischen Arbeiten wird die Persönlichkeit Stellers recht unterschiedlich beurteilt. Unbestritten sind sein umfassendes Wissen, seine unbändige Neugier und seine unabhängige Urteilsfähigkeit. Er war durchdrungen von den piëtistischen Ideen von Toleranz und Nächstenliebe. Seine Sympathie galt daher der von den russischen Kolonialisten unterdrückten Urbevölkerung. Gleichzeitig blickte er auf beide Gruppen herab und fühlte sich ihnen überlegen.
Steller repräsentierte eine neue Generation von Naturforschern. Anspruchslos bewegte er sich durch die Natur, lebte mit den Naturvölkern, beobachtete un­vor­eingenommen und berichtete präzise. Sein zeitweiliger Vorgesetzter Gmelin schrieb über ihn*)in Hintzsche 1996, S. 97:
"Er hatte bei allem diesem keinen Verdruss über die elende Lebensart; er war immer guten Muts, und je unordentlicher alles bei ihm zuging, desto fröhlicher war er. Bei aller Unordnung, die er in seiner Lebensart von sich blicken ließ, [war] er doch überaus pünktlich und in allen seinen Unterneh-mungen unermüdet. Es war ihm nicht schwer, einen ganzen Tag zu hungern und zu dursten, wann er etwas den Wissenschaften ersprießliches richten konnte."
Ging ihm allerdings etwas gegen den Strich, konnte er wohl über Gebühr empfindlich, rechthaberisch, und scharfzüngig reagieren, offenbar war er begabt in der Kunst, sich Feinde zu machen.
Er starb während der Rückreise nach Europa, am 12. November 1746 in Tjumen, im Alter von 37 Jahren. Über seine letzten Lebensmonate gibt es zum Teil widersprüchliche Informationen. Unter dem Vorwurf, er habe Eingeborene aufgewiegelt, wurde er vor Gericht gestellt und wieder entlassen. Am Ende war er entnervt, misstrauisch und depressiv, eine schwere fiebrige Erkrankung stellte sich ein, und der in Tjumen praktizierende deutsche Wundarzt Lau konnte sein Leben nicht mehr retten.
Die orthodoxen Priester verwehrten dem Protestant eine Beisetzung in "geweihtem" Boden, er wird am "hohen Ufer" des Flusses Tara beerdigt. Räuber plündern bald darauf das Grab.
Es gibt kein Bild von ihm. Sein Grab wurde bei einem Hochwasser fortgespült.

Steller konnte seine Aufzeichnungen nicht mehr selbst veröffentlichen. Wir verdanken es insbesondere Gerhard Friedrich Müller*)(1705-1783) deutscher Historiker und Universalgelehrter,
Teilnehmer der Großen Nordischen Expedition
und Peter Simon
Pallas*)(1741-1811), deutscher Naturforscher, Mitglied der Petersburger Akademie, dass seine Ergebnisse nicht in den Archiven der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften vergraben blieben.
Inzwischen hat Wieland Hintzsche in russischen Archiven eine Anzahl bisher unbekannter Tagebücher Stellers finden und auswerten können.

Als würdiger Nachruf an dieser Stelle ein Satz aus Sven Waxells Reisebericht (aus Büchner 1891):
„Es ist zu Bedauern, dass d. H-rr. Doctor Steller, frühzeitig in den todt abgienge; oder sonst er, als ein grosser Botanicus, Anatomicus und naturkundiger, würde der welt von diesem Insull, etwas rechtschaffendes Berichten können; Es möchte vielleicht noch unter seinen schrifften, etwas umständliches, davon gefunden werden, und wäre zu wünschen, das solches in Vorschein käme.“



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