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Arme
Außergewöhnlich ist der Bau der etwa 70 cm langen vorderen Gliedmaßen. Sie sind nicht mehr Schwimmflossen, wie sie die heutigen Seekühe und auch die anderen Meeressäuger besitzen. Stattdessen werden sie von den wenigen Augenzeugen beschrieben als hufartige Klauen mit lederartiger, borstenbesetzter Innen- und Unterseite:


so könnten die (rechten) Armknochen mit den verkümmerten Mittelhandknochen ausgesehen haben …

… und so etwa die Form des "Hufs".


So war dieses Detail in Büchners Abbildung 'Zarsko Ssel II' dargestellt.
Steller charakterisiert sie in den "Meerthieren" so:
"An der Brust sind die seltsamen Vorderfüße ... merkwürdig. Diese Füsse bestehen aus zwey Gelenken, deren äusserstes Ende eine ziemliche Aehnlichkeit mit einem Pferdefuß hat; dieser sind unten wie eine Kratzbürste mit vielen kurzen und dichtbesetzten Borsten versehen. Mit diesen Vordertatzen, woran weder Finger noch Nägel zu unterscheiden sind, schwimmt das Thier vorwärts, schlägt die Seekräuter von den Steinen im Grunde ab."
Sven Waxell (bei Büchner):
"zwey füsze, ziemlich dick, und gerade Stumppe wie die Bobbern*)
Vorderfuß des Seeotters
, womit sie sich gegen den strohm aufarbeitet, wenn er sich futtert, den er gehet immer gegen den Strohm."
Stepan Cherepanov wird bei Domning 1978 so zitiert:
"in front below the chest it has two legs ... and instead of a hoof, just as in camels, there is a softness."
Die Armknochen bestanden aus Oberarm, Elle und Speiche (letztere bei erwachsenen Tieren häufig verschmolzen). Die Schultern/Arme waren laut Domning (1978) hauptsächlich in der Längsachse beweglich, und konnten wohl nur noch begrenzt seitwärts paddeln, um die Richtung zu ändern. Sie hatten jetzt die Aufgabe, das Tier vom Boden abzustoßen. Die Seekuh wanderte mit ihnen über den Meeresboden und scharrte die Algen vom Grund los.
An Elle und Speiche schlossen sich, vermutlich stark zurückgebildet, die bisher nicht aufgefundenen Handwurzel- und Mittelhandknochen an*)von Steller erwähnt, aber nicht überliefert, welche wohl die beschriebene gebogene Klaue bildeten*)Domning: The metacarpals must have been held in a somewhat flexed position, giving the manus a clawlike shape..
Fingerknochen besaß das Tier nicht, sie waren im Verlauf der Evolution schon bei den Vorgängerart H. cuestae völlig verschwunden. Lange Zeit misstrauten die Wissenschaftler der Aussage Stellers, das Tier habe keine Fingerknochen besessen.
Wagner meinte 1846 in seiner Fortführung von Schrebers "Säugthieren":
"Eine Hand ohne Phalangen ist eine zu große Anomalie, zumal in Bezug auf die beiden anderen Gattungen*)Manati und Dugong, als daß man nicht ihren Mangel auf Rechnung der Präparation bringen dürfte."
Von Nordmann schrieb 1861 in seiner Beschreibung des Helsinki-Skeletts:
"Die Hand ... fehl[t] bei unserem Rhytina-Skelett."
Entsprechend wurden in Helsinki dem Skelett bei der ursprünglichen Präparation "nachempfundene" Handknochen aus Gips angefügt. Auf Caryn Self-Sullivans Seite über die "Sirenian Evolution" findet sich noch ein Foto dieser, inzwischen korrigierten, Installation. Auch dem in Paris ausgestellten Skelett*)Exemplar A.14516 wurden, wohl schon bei der ersten Montage in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts, derart nachempfundene Handknochen zugefügt.
Erst die systematische Auswertung der Fossilien belegte die Rückbildung der Mittelhand, und die völlige Eliminierung der Fingerknochen im Laufe der Evolution.



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